Februar 2025 – Paul Simon

BEGEGNUNG MIT PAUL SIMON AM MITTWOCH, 19. Februar 2025, 20.00 UHR IN DER LOBBY WERKHAUS
Petra Eder eröffnet den Abend mit der Begrüßung des Publikums und dem Ausblick auf die nächste Begegnung, dann mit der Oper, am 12. März im Unteren Foyer der OPAL.
Dann begrüßt Schauspielintendant Christian Holtzhauer seinerseits. Er entschuldigt Maria Helena Bretschneider, den zweiten für diesen Abend eingeplanten Gast aus dem Schauspiel, und stellt Paul Simon vor, der seit dieser Spielzeit zum Ensemble gehört.
Gleich zu Beginn des Interviews kommt die Namensgleichheit mit dem berühmten amerikanischen Sänger zur Sprache, die sich jedoch lediglich der Vorliebe der Eltern für den Namen „Paul“ verdankt, wie später auf eine Frage aus dem Publikum geantwortet wird. Und Simon ist einfach der Ehename der Eltern des 1991 in Meißen geborenen Schauspielers. Ein Hindernis war diese Assoziation nie, eher ein Bonus.
1998 zog die Familie nach Großostheim in der Nähe von Aschaffenburg, wo Simon später ein Knabengymnasium besuchte. Dieses hatte auch ein Schülertheater, wo Simon erste große Rollen spielte und von einem Lehrer als auch seiner Familie Anerkennung erfuhr. Und er liebte die Arbeit in der damals schon divers zusammengesetzten Truppe.
2010 brach er nach Berlin auf, um an der Ernst-Busch-Schule Schauspiel mit dem Ziel einer Filmkarriere zu studieren. Das erste Vorsprechen brachte dem späteren Träger des Soloförderpreises für darstellerische Einzelleistung, verliehen 2016 in Bern, jedoch eine, auch noch schriftliche, „harte Absage“ ein, wie Simon es nennt. Sie bescheinigte ihm „einen Mangel an künstlerischem Talent“, wahrscheinlich wegen seiner Unkenntnis von theatraler Darstellungstechnik, wie er im Nachhinein meint. Ein Problem war wohl auch der noch hörbare Dialekteinschlag.
Es folgten zwei Jahre des Experimentierens mit sich selbst, mit der Musik sowie das Ausprobieren verschiedener Tätigkeiten, vom Erzieher bis zum Wurstverkäufer für einen Tag.
2013 schließlich gelang die Aufnahme in die Schauspielschule in Leipzig, jetzt mit mehr Erfahrung als guter Voraussetzung. Die vier Jahre Studium bestanden aus zwei Jahren Schule und zwei Jahren Praxis am Theater in Halle.
Er war ein zappeliges Kind, erzählt er, und trommelte mit allem Möglichem auf allem Möglichen herum, was die Eltern weniger nervte als vielmehr dazu veranlasste, ihn zum Schlagzeug zu ermutigen. Später kam die Gitarre hinzu, beides erlernte er als Autodidakt. Bald fanden sich Freunde zu einer Band zusammen, die unter anderem am Deutschen Theater im Jugendclub spielte.
Die erste musikalische Einlage zur Gitarre mit dem Kid-Kopphausen-Lied „Das Leichteste der Welt“ wird von Holtzhauer so kommentiert: „Dafür, dass Du das nicht kannst, kannst Du es sehr gut.“
Sein erstes Engagement führte Simon für sieben Jahre ans Hessische Staatstheater Wiesbaden. Er schätzte diese Stadt, fand sie sehr schön und kulturell vielfältig mit ihrer Off-Theater-Szene und den Veranstaltungen in der Konzerthalle „Schlachthof“.
Er spielte große Rollen wie den Tyll in einem Stück nach dem Roman von Daniel Kehlmann, mit dem das Theater sogar in Bagdad gastierte, oder den Kowalski in „Endstation Sehnsucht“. Vor allem aber liebte er den Kostja in der „Möwe“ von Tschechow in der Regie von Ingo Kerkhof, in dessen Suche und künstlerischem Streben er sich selbst wieder erkannte.
Ein Unglück im Privaten trübte die Wiesbadener Zeit: In einer Nacht, die er glücklicherweise auswärts, stürzte die Decke seines Appartements ein, was ihn ein Gutteil seiner Habe kostete.
Seit Sommer 2024 gehört Simon zum Ensemble des NTM. An Mannheim schätzt er die Lage an zwei Flüssen und den gut funktionierenden öffentlichem Nahverkehr, der ihm nicht nur die Mobilität garantiert, sondern ihn auch mit allen Bevölkerungsgruppen zusammenbringt. Er empfindet Mannheim als sehr „ehrlich“, mag die Vielfalt im gemischten Theaterpublikum und in der Stadtstruktur. Gerne entdeckt er die Stadtteile in ihrer Charakteristik, z.B. gerade zuletzt das noch Dörfliche in Käfertal.
Simons Einstieg in Mannheim war die Figur des Josef Schwarz in „Die Nacht von Lissabon“, eine besondere Herausforderung, da sie fast das ganze Stück über auf der Bühne ist. Auf die Publikumsfrage, wie er die Strapazen der Rolle in Lissabon verkrafte, beschreibt er seine Erschöpfung im positiven Sinn, sie bewirke, dass er „ganz bei sich“ sei.
Als zweite musikalische Einlage gibt es einen eigenen Simon-Song, betitelt „Der Typ“ aus seinem Musikprojekt „Fluppenkasper“.
Holtzhauer fragt nun noch, ob die Herkunft des Schauspielers aus dem Osten seinen Blick prägt: Ja, so Simon, der Osten ist auch heute noch Familie. In seiner Jugend, nach dem Umzug nach Großostheim, ist ihm ein gewisser Wohlstand in den Familien seiner damaligen Freunde aufgefallen, oft wohl angehäuft über Generationen, der seinen damaligen Altersgenossen größere Unabhängigkeit in ihrer Lebensgestaltung bescherte als ihm. Auch in alltäglichen Dingen wie Speiseplänen, Spielzeug und Reisen spürte er Unterschiede. Noch heute findet er Diskussionen mit seinem besten Freund aus Jugendtagen gerade wegen der unterschiedlichen Perspektiven auf „die gleichen Dinge“ sehr bereichernd.
Zum Abschluss blieb noch Zeit für Publikumsfragen und einen kurzen Ausblick auf die nächste Premiere mit Paul Simon - „Die Erweiterung“ (Premiere am 23. Mai im Alten Kino Franklin).
Text: Luisa Reiblich
Bilder: Petra Eder