Juni 2025 – Tanzensemble
BEGEGNUNG MIT DEM TANZENSEMBLE AM MITTWOCH, 25. JUNI 2025, 20.00 UHR IM TANZHAUS KÄFERTAL
Bei der „Juni-Begegnung“ erhielten die Besucher*innen einen exklusiven Einblick in den aktuellen Probenstand für die diesjährige Produktion der „Choreografischen Werkstatt“. Zunächst erläutern Tanzintendant Stephan Thoss und Dramaturgin Susanne Wiedmann das Konzept der „Choreografischen Werkstatt“, das sich an den Theatern allmählich durchsetzt und auch eine gute Publikumsresonanz findet: Es ermöglicht Tänzer*innen, eigene Stücke zu konzipieren und zur Aufführung zu bringen, von der ersten Idee bis zur Realisation auf der Bühne.
Dazu gehören nicht nur die Erarbeitung einer Choreografie zu einem selbst gewählten oder gar eigens komponierten Musikstück, sondern auch der Entwurf von Bühnenbild und Kostümen, die Einrichtung der Beleuchtung und die Durchführung der Proben. Diese Arbeiten erweitern die Perspektiven und Fähigkeiten von Tänzer*innen um alle Einzelheiten des Handwerks und bereiten sie auf eventuelle spätere Aufgaben wie die Leitung einer Compagnie oder die Regie im Tanztheater vor. Jedes Mitglied des Tanzensembles darf sich beteiligen, Ziel ist ein gemeinsam gestalteter Abend. Das Tanzhaus bietet dafür einen idealen Raum und wurde auch entsprechend ausgestattet. Für die diesjährige „Choreografische Werkstatt“ am NTM wurden neun Tanzstücke erarbeitet, die am 5. Juli Premiere haben werden, und die die hohe Kreativität des Ensembles zeigen.
In „Don`t Mind Me“ von Arianna Di Francesco setzt sich eine Frau mit ihrer inneren Kommandozentrale auseinander. Wieweit hat sie die Kontrolle über Gedanken und Erinnerungen? Wie mächtig sind Gestalten aus der Vergangenheit (verkörpert durch drei weitere Tänzer*innen)? Verändert das Nachdenken Realität und Erinnerungen?
„Hek Fan Meng Ah?“ (Hast Du schon Reis gegessen?) von Jessica Liu thematisiert die Rolle des Essens weit über die bloße Kalorienaufnahme hinaus. Fünf Tänzer*innen erzählen lebhaft vom Kochen und gemeinsamem Essen und von der Freude, die damit verbunden ist.
Das langjährige Ensemblemitglied und jetzige Ballettmeisterin Zoulfia Choniiazova schildert die Anfänge der Idee zur „Choreografischen Werkstatt“ am NTM. Schon Ende der 90er Jahre gab der „Insalata Mista“ jeweils am Ende der Spielzeit einzelnen ausgewählten Tänzer*innen Gelegenheit, ihre Choreografien im Werkhaus zu präsentieren. Das Ballett wurde sichtbarer dank des öffentlichen Trainings im Foyer, dem dann der „Tanz im Foyer“ folgte, bereits von den Tänzer*innen selbst choreografiert. Die Herausforderung, für ein Stück die volle Verantwortung zu übernehmen, wurde von den Ensemblemitgliedern gerne angenommen. „The Blind Ride“ von Albert Galindo beschwört die Kraft der Beharrlichkeit in der Auseinandersetzung zweier Personen um einen Tisch. Wiederholung bestärkt, bestätigt den eigenen Willen, schafft Selbstsicherheit.
Anna Zardi schafft in „Ca Mira“ mittels Licht und aufgehängter Bettlaken Assoziationen an lange vergangene Sommertage und Spiele der Mädchenzeit. Die beiden Tänzerinnen verstecken sich zwischen den Tüchern, lassen ihre Schattenrisse in einen Dialog treten und finden sich doch immer wieder.
Von Luis Tena Torres getanzt, reflektiert in „I Kept It For Myself“ die Choreografie von Shaun Patrick Ferren das Verhältnis des Individuums zu sich selbst und den umgebenden Raum. Ein Gefühl kann entdeckt, ausgeweitet und zur Weiterentwicklung einer Person genutzt werden.
Das Publikum bedankt sich mit herzlichem Applaus beim Tanzensemble für diesen abwechslungsreichen Abend und vor allem auch für die Möglichkeit, so nah am Probenprozess dabei sein zu dürfen.
Text: Luisa Reiblich
Bilder: Natalie Grebe, Nicola Prato









