Freunde und Förderer des Nationaltheaters Mannheim

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Zettelschwärmer

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Die Freunde und Förderer laden Zettelschwärmer*innen des MARCHIVUM zu ANATEVKA ein

Das Nationaltheater Mannheim, gegründet 1777 und Schauplatz der Uraufführung von Schillers „Die Räuber“ 1782, ist eine Bühne mit langer Tradition. Es ist seit 1839 in städtischer Verantwortung und somit das älteste kommunale Theater Deutschlands. Die Aufführungen des Nationaltheaters wurden früher in tagesaktuellen Handzetteln beworben, denen man alle wichtigen Informationen zum aufgeführten Stück entnehmen konnte: den Theaterzetteln. Die ältesten überlieferten Theaterzettel stammen aus dem Jahr 1779, also seitdem die Spielzeiten überhaupt gezählt werden. Die jahrgangsweise gebundenen Zettel gehören zu den Sammlungen der Reiss-Engelhorn-Museen und wurden vom MARCHIVUM bis zur Spielzeit 1981/1982 digitalisiert. Sie geben somit Aufschluss über mehr als 200 Jahre Repertoire- und Theatergeschichte in Mannheim.

Das MARCHIVUM hat 2022 ein großartiges Projekt ins Leben gerufen, bei dem freiwillige Helfer*innen das MARCHIVUM dabei unterstützten, die digitalisierten Theaterzettel des Nationaltheaters Mannheim einem breiten Publikum zugänglich zu machen, indem sie wichtige Informationen zu den Aufführungen, wie Titel, Regisseur*innen, Autor*innen und vieles mehr erfassen. In einem Portal können all diese Informationen detailliert und unkompliziert recherchiert und verglichen werden. Die Teilnehmer*innen unterstützen damit nicht nur die Arbeit des MARCHIVUM, sondern lernen nebenbei spannende Aspekte der Mannheimer Theatergeschichte kennen.
So konnten in nur 18 Monaten bereits 124 komplette Theaterzettelbände erfasst werden. Davon sind bereits 24 Spielzeiten online recherchierbar. Rund 50 Zettelschwärmer*innen sind noch immer emsig dabei, die historischen und zum Teil auch schwer lesbaren Theaterzettel, zu erfassen.
Um dieses Engagement zu würdigen, waren am 18. Juli 2023 die Zettelschwärmer*innen von den Freunden und Förderern und dem Nationaltheater zu einem Besuch von „Anatevka“ in der Alten Schildkröt Fabrik eingeladen. Nachdem die 20 Gäste an diesem lauen Sommerabend im Garten der Schildkröt vom Hausherr und Geschäftsführenden Intendanten Tilmann Pröllochs herzlich begrüßt wurden, erläuterte der FuF-Vorsitzende Christian Haas, den Hintergrund dieses Abends. Im Rahmen der Übergabe des Vereinsarchivs an das MARCHIVUM im März 2023 waren die anwesenden Vorstandsmitglieder sofort sehr angetan von diesem ehrenamtlichen Projekt und es wurde spontan überlegt, wie man den Beteiligten Dankeschön sagen und ihnen eine Freude machen könnte. Die Idee mit einem Vorstellungsbesuch war geboren und konnte jetzt im Juli auch umgesetzt werden. Christian Haas lobte den großen Einsatz der freiwilligen Theaterzettel-Erfasser*innen und zeigte sich begeistert von den zahlreichen Geschichten aus über 200 Jahren Theatergeschichte, die so manche erzählen konnten. Thomas Throckmorton, der am MARCHIVUM das Projekt wissenschaftlich und technisch begleitet, begrüßte ebenfalls die illustre Gesellschaft und berichtete, dass die Zettelschwärmer*innen, wenn sie mit diesem Eifer weiter machen, in nur weiteren 18 Monaten alle restlichen Bände aufgearbeitet haben. Der anschließende lebhafte Austausch zeigte sehr deutlich, dass die Zettelschwärmer*innen sich keineswegs „nur“ mit dem Erfassen der Zettel befassen. Viele wollen auch mehr wissen, recherchieren eigeninitiativ und bringen ihr neu erworbenes Wissen in die Theaterforschung ein.
So berichteten einige von „skurrilen“ Theaterstücken, die auch dem damaligen Zeitgeist entsprungen waren und heute nirgends mehr auftauchen, oder vom „Weißen Rössl“, einem Singspiel von Ralph Benatzky aus dem Jahr 1930, das in allen Jahrgängen häufig auftaucht und vor allem in der Zeit des Zweiten Weltkriegs gerne gespielt wurde. Aber auch von großen Namen, wie Schiller, Dalberg und vielen Künstler*innen aus längst vergangener Zeit wurde berichtet. Interessant ist auch, dass es tatsächlich einen großen Unterschied gab, ob ein Darsteller oder eine Darstellerin „krank“, oder „unpässlich“ war. An der Bezeichnung der gesundheitlichen Problematik konnte man also unschwer den „Divenstatus“ der entsprechenden Person erkennen.
Nach den Anekdoten aus der bewegten Theater-Vergangenheit, informierte Tilmann Pröllochs die Gäste, dass geplant sei, nach der Sanierung im Spielhaus am Goetheplatz dem gesamten Publikum einen Zugang zu diesen historischen Schriftstücken auf Monitoren zu ermöglichen. Dann lud das NTM zu einem Glas Sekt ein und so konnte man gemeinsam auf die Zettelschwärmer*innen und einen wunderbaren Theaterabend anstoßen.

Es folgte eine unvergessliche Aufführung von „Anatevka“, die sich mit viel Humor und Lebensfreude, aber auch mit viel Herzschmerz und Emotionen in das Bewusstsein der Menschen in unserer Zeit von Kriegen und Krisen in der Welt, eingebrannt hat.
Wenn Sie das Zettelschwärmerprojekt des MARCHIVUM unterstützen möchten, können Sie sich hier informieren: https://www.marchivum.de/de/zettelschwaermer
Das Portal für die Theaterzettel finden Sie unter: https://druckschriften-digital.marchivum.de/theaterzettel

Fotos und Text: Thomas Henne

Die Zettelschwärmer in Bildern