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Juli 2023 - Christoph Frank und Christian Thurm

„Begegnung mit" Christoph Frank und Christian Thurm am Mittwoch, 12. Juli 2023 um 20:00 Uhr im Alten Kino Franklin
„Begegnung mit" Christoph Frank und Christian Thurm am Mittwoch, 12. Juli 2023 um 20:00 Uhr im Alten Kino Franklin
„Begegnung mit" Christoph Frank und Christian Thurm am Mittwoch, 12. Juli 2023 um 20:00 Uhr im Alten Kino Franklin

Bei der Juli-„Begegnung" hatten wir mit Christoph Frank, Technischer Leiter des Schauspiels, und Christian Thurm, Leiter der Schreinerei, zwei Gäste aus dem Bereich „Technik und Werkstätten" zu Gast. Sie sind wichtige Mitarbeiter in sensiblen Bereichen, ohne die keine Aufführung stattfinden könnte. Sie erzählten den rund 20 Gästen nicht nur, wie sie zum Theater kamen, sondern auch spannende Geschichten von „hinter der Bühne". Moderiert wurde der Abend von Schauspielintendant Christian Holtzhauer, der mit einer kleinen Einführung in die Arbeitswelt der beiden Gäste den Abend einleitete und sich besonders freute, dass bei der „Begegnung“-Reihe der FuF auch mal wieder Theaterschaffende präsentiert wurden, die nicht im Rampenlicht stehen und dennoch so wichtig für die Theaterwelt sind.

Christian Thurm ist in der Nähe von Stuttgart aufgewachsen und hat nach einer Schreinerlehre die Kunstakademie Stuttgart besucht, um dort Industriedesign zu studieren. Nach einigen Jahren bei einer Messebaufirma, erzählte ihm ein guter Freund, dass man am Nationaltheater Mannheim gute Mitarbeiter im Bühnenbau suche.
Nach einer anfänglichen Skepsis, bewarb sich Thurm beim JNTM und konnte sogleich starten. Schon bald ergriff ihn das „Theaterfieber“ und er war glücklich über seine Entscheidung, aus dem Messebau in die Theaterwelt zu wechseln.
Schon im zweiten Jahr entwarf er selbst Bühnenbilder und arbeitete bald als technischer Leiter des JNTM. Als 2017 die Stelle des Leiters der Schreinerei am NTM frei wurde, ging er in seinen alten Beruf, dem Schreinerhandwerk, zurück und hat diesen Schritt nie bereut.
Darüber hinaus bildete er sich zum Ausbilder weiter, denn das NTM ist auch ein handwerklicher Ausbildungsbetrieb. Erfolgreiche Auszubildende möchte das NTM natürlich gerne als Mitarbeitende behalten, da diese ja bereits die Besonderheiten der Theaterarbeit kennen.
Besonders begeistern ihn an seinem Beruf die sich ständig ändernden Herausforderungen: „Heute müssen wir ein Podest bauen, das sich während der Aufführung verändern und umbauen lässt, morgen bauen wir große Kulissen für die Oper und übermorgen eine Konstruktion für das Schauspiel... Und man muss sich in alle Themen einarbeiten, die Möglichkeiten ausloten, die die Realität im Gegensatz zu den Wünschen der Regisseure bietet und dabei immer noch das Budget im Auge behalten“. So beschreibt Thurm seine spannende und niemals eintönige Arbeit.

Christoph Frank, der Technische Leiter des Schauspiels, stammt aus Bayern und arbeitete nach seiner Ausbildung am Bayrischen Staatsschauspiel einige Jahre dort als Veranstaltungstechniker. Es folgten Weiterbildungen zum Meister für Veranstaltungstechnik „Schwerpunkt Bühne/Studio“ und „Schwerpunkt Beleuchtung“. Nach seinem Wechsel zum Luzerner Theater stieg er dort zum Leiter der Bühnentechnik auf. 2015 erfolgte der Wechsel ans NTM als Bühneninspektor für die Oper.
Der Musik war er schon als Kind verbunden, spielte er doch schon seit seinem siebten Lebensjahr Zither und machte eine Fortbildung zum staatlich geprüften Leiter in der Laienmusik. Auch seine beiden Schwestern spielten Instrumente und Musik stand in seiner Familie nicht nur zu Weihnachten hoch im Kurs.
Er besuchte daher die Hochschule für Musik in München, kam aber während des Studiums zur Veranstaltungs- und Bühnentechnik. Sein beruflicher Weg nahm fortan einen anderen Lauf.
Standen für ihn in Luzern noch Messen, Kongresse und Festivals im Fokus, so zog ihn seine Liebe zur Oper - und da ganz besonders zu Wagner - nach Mannheim ans NTM.
Trotz seiner Affinität zur Musik, wollte er sich auch gerne weiterentwickeln und übernahm seit dieser Spielzeit die technische Leitung des Schauspiels. In dieser Position ist er nicht nur eng mit der gesamten Produktion betraut, sondern ist auch für das Personal sowie für die Sicherheit vor, auf und hinter der Bühne verantwortlich. „Wenn auf der Bühne etwas passiert, bin ich in der Verantwortung!“, erzählt Frank nicht ohne gehörigen Respekt für sein neues Aufgabengebiet. Aber er habe ein tolles Team, auf das er sich immer zu 100 Prozent verlassen könne und ohne die keine einzige Produktion auf der Bühne möglich wäre. Er hat somit auch die Teamleitung für die Seiten- und Schnürmeister im Schauspiel inne.
Holtzhauer will dann von Thurm wissen, wie denn ein Bühnenbild entstehe.

Dieser beschreibt den Prozess in drei Punkten:
1.
Besprechung mit dem künstlerischen Team, um Machbarkeiten zu eruieren, ggf. Alternativen zu erdenken, die Transportmodalitäten zu erarbeiten und die Bühnengröße festzulegen. Dieser Prozess, so Thurm, gehe nicht immer reibungslos vonstatten, denn oft lägen die Vorstellungen der Regisseur weit weg von den technischen und auch finanziellen Möglichkeiten des Hauses. Schließlich einige man sich aber immer, auch wenn Kompromisse gefunden und manchmal auch Abstriche in der Ausstattung hingenommen werden müssten.
2. Eine Bauprobe legt Positionen frei, an denen noch nachgearbeitet oder auch etwas verändert werden muss.
Und 3. Die Werkstatt beginnt mit der technischen Umsetzung der Baupläne, die Finanzprüfung wird durchgeführt und es geht los...

Und zum Thema Kosten gab es auch interessante Einblicke: Zur Zeit arbeite man wegen der extrem hohen Holzpreise mit recycelten Holzteilen. Wenn man bereits bei der Planung auf die Wiederverwendbarkeit achte, könne das auch problemlos durchgeführt werden, obwohl das Entfernen von Metallteilen, wie Schrauben und Nägeln, ein hohes Verletzungsrisiko berge und viel Zeit in Anspruch nehme.
Am Beispiel des Modells zur Bühne der „Volksfeindin“ erläutern Frank und Thurm dann, welche Herausforderungen dieses Bühnenbild an das gesamte Team stellte. War die Planung für dieses Bühnenbild, das aus vielen Hausdächern besteht, doch einst noch für das Schauspielhaus am Goetheplatz konzipiert, wurde es wegen Corona dort allerdings nie umgesetzt und musste für die Bühne auf Franklin neu erdacht werden. Natürlich wollte man von den bereits gebauten Teilen so viele wie möglich wiederverwenden, was durch diverse Umplanungen auch gelang. Dabei beinhaltete der Bühnenaufbau ganz besondere Gefahrenlagen: Wegen der schrägen Dächer mussten diese mit einem Antirutschlack, der mit Sand vermischt wurde, versehen werden.
Das gezeigte Modell, das selbstverständlich ebenfalls in der Schreinerei hergestellt wurde, ist übrigens ein Tastmodell, das bei bestimmten Vorstellungen während der Einführung für sehbehinderte Menschen zum Einsatz kommt.
Auf die Frage, was denn Thurms Lieblingsinszenierung sei, schwärmte dieser sogleich vom „Riesendäumling“, bei dem er selbst unter der Bühne lag und durch seine Aktionen, die zur Sicherheit der Schauspielenden erforderlich waren, dort sozusagen ein Teil der Inszenierung wurde.
Franks Lieblingsinszenierung ist und bleibt der legendäre „Parsifal“ mit dem Bühnenbild von Paul Walter. Er erzählt auch die Geschichte von der Technikertaufe, bei der „Neulinge“ im Team die Klappe auf dem Hügel im zweiten Akt prüfen müssen und dann eine Überraschung erleben“.
Die Geschichten der beiden „Bühnenschaffenden“ waren nicht nur humorvoll vorgetragen, sondern ermöglichten auch einen eindrucksvollen Blick hinter die Kulissen eines großen Vier-Sparten-Hauses, wie dem NTM, wo man Tag für Tag aufs Neue sich und die Möglichkeiten auf der Bühne, neu erfinden muss.

Text und Fotos: Thomas Henne

Die Begegnung in Bildern